Partizipation Stadtplanungsbüro Büro für Städtebau GmbH Chemnitz
Von top-down zu bottom-up: Die Stadt gehört den Menschen, die dort wohnen

Partizipation (lat. Participes oder dt. Teilhabe) ist zunächst grob definiert mit dabei sein, sich beteiligen, mitwirken, gestalten etc., um letztlich in einer sehr unterschiedlichen Reichweite und breites Spektrum an Aktivitäten Einfluss nehmen zu können. Bis in die 1990er Jahre wurden Städte allein durch die Verwaltungen geplant und die Bürger:innen mussten sich mit deren Entscheidungen zufrieden geben. Sie wurden stattdessen spöttisch als Störfaktor gesehen. Die öffentlichen Institutionen im Verwaltungsapparat haben bspw. allein beschlossen, wie ein neuer Park gestaltet werden soll (sogenannte top-down-Planung). Doch wer genauer hinschaut und sich für die Entwicklung von Städten interessiert, wird zunehmend feststellen: Die Bürgerinnen und Bürger können diesen Prozess in der „Entdeckung der Akteur:innen“ durchaus mitgestalten und ihre eigenen Kompetenzen einbringen. Bürger:innen engagieren sich in Förderprogrammen wie „Soziale Stadt“ oder innerhalb von Quartieren mit hohem Entwicklungs- bzw. Erneuerungsbedarf.

Bottom-up-Planung

Diese bottom-up-Planung gewinnt nach und nach an Bedeutung: Ihr Lebensstil, Konsumverhalten, Standort- und Mobilitätspräferenzen sind bspw. für Überlegungen der lokalen Klimapolitik relevant, da sie Einfluss in der CO2-Produktion nehmen. Ein Partizipationsprozess ist dann erfolgreich, wenn die Ergebnisse aus den groß angelegten, offensiven Dialogen in politische Entscheidungen und den Handlungen der Verwaltung Einfluss nehmen. Dadurch wird das zivilgesellschaftliche Engagement und deren Anerkennungskultur gefördert. Ein wesentlicher Aspekt ist ebenso die Kooperation zwischen verschiedenen Akteur:innen in relevanten Handlungsfeldern der Stadtentwicklung. Gleichzeitig haben sich städtische Förderprogramme auf langfristiger Sicht als eher ungeeignet herausgebildet, da sie an Richtlinien gebunden sind und Potentiale und Spielräume der Bürger:innen unberücksichtigt bleiben. Die Reichweite erweist sich begrenzt, da die Bedarfe von Stadt und Land teilweise stark unterscheiden und nur schwer übernommen werden können. In Beteiligungsprozessen setzen sich auch oftmals nur die „lautesten“ durch, weshalb diese als Vertretung einer konkreten Zielgruppe zur nächsten Bürgerversammlung entsandt werden. Es braucht für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung einen langen Atem, der mit hohen Kosten, viel Gesprächsstoff und Zeitaufwand verbunden ist!

Erforderlicher Wandel

Noch immer steht dieser Wandel aus kommunaler Sicht in einem befremdlichen Kontrast und erfolgreiche Partizipation bleibt die Ausnahme, statt die Regel: Bürger:innen gelten vielerorts noch immer als „Störfaktor“, da die Grundlagen des politischen und administrativen Handelns auf kommunaler Ebene fehlen. Doch lediglich die Weitergabe von Informationen über ein geplantes Projekt, eine Petition gegen den Ausbau von Straßenbahnlinien, der Protest auf Bürgerversammlungen gegen die Reduzierung von Parkplätzen, Versuche der Beschwichtigung von Stadträt:innen, dass es nun doch anders geplant wird, als es sich die Bürger:innen vorgestellt haben: All das ist keine Partizipation im Sinne einer langfristig positiven Stadtentwicklung, geschweige, dass die städtische Gesellschaft dadurch insgesamt abgebildet wird. Letztlich haben Stadträt:innen und Verwaltung die Entscheidungshoheit, ob bzw. welches Projekt umgesetzt wird und sollten mit dieser Verantwortung bewusst auch im Sinne der nächsten Wahl umgehen.

In Zeiten der zunehmenden Radikalisierung und antidemokratischen Bewegungen durch Trump, Bolsonaro, Orbàn und hierzulande die AfD ist es umso wichtiger, mit den Bürger:innen Hand in Hand zu gehen und kooperativ zusammen zu arbeiten, ihnen Gestaltungsraum und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, sie auch gegenüber solchen Tendenzen zu sensibilisieren und trotzdem in Ihren Bedürfnissen zuhören. Den Planer:innen und Stadt- und Gemeinderät:innen muss daher bewusst sein: Die Stadt oder das Dorf gehört den Menschen, die dort wohnen!

Quellen:

Selle, Klaus (2010): Gemeinschaftswerk? Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an der Stadtent­wicklung. Begriffe, Entwicklungen, Wirklichkeiten, Folgerungen, Kurzgutachten für das Nationale Forum für Engagement und Partizipation (PT_Materialien, Nr. 26).

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