Thomas Naumann Büro für Städtebau GmbH Chemnitz Stadtplanungsbüro

René Hobusch – Präsident der Haus & Grund Sachsen, Landesverband Sächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e. V. – im Gespräch mit Thomas Naumann, Geschäftsführender Gesellschafter der Büro für Städtebau GmbH Chemnitz und Mitglied des Initiativkreises des Wettbewerbes „Ab in die Mitte! Die City-Offensive Sachsen“

Herr Naumann, was macht den Wettbewerb aus Ihrer Sicht besonders?

Uns begeistert die Vielzahl der individuellen, kreativen Ideen der am Wettbewerb beteiligten Städte, Gemeinden und Initiativen. Der sachsenweit ausstrahlende Wettbewerb ist eine sehr gut geeignete Plattform für den Gedanken- und Erfahrungsaustausch rund um die Themen Stadtentwicklung und innerstädtische Gestaltungsspielräume. Vor allem den Netzwerkgedanken finden wir sehr wichtig, um gemeinsam unsere Städte voranzubringen, sie attraktiver und lebenswerter zu gestalten.

Lange Zeit haben wir beim Thema Innenstadt immer zuerst an Handel gedacht und die Konkurrenz des Internethandels verdrängt. 2020 kam die Pandemie dazu. Reicht das, um ein neues Problembewusstsein zu entwickeln?

Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt sich die Büro für Städtebau GmbH Chemnitz mit Themen der Stadt- und Bauleitplanung. Dabei stehen die Innenstädte und Ortskerne natürlich immer im Fokus unseres planerischen Wirkens. Insbesondere die öffentlichen Räume erfordern ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Wertschätzung.

Attraktiv gestaltete Plätze und einladende Treffpunkte sind Voraussetzung dafür, dass Bewohner und Gäste sich begegnen, um flanieren, genießen, sich wohlfühlen und erleben zu können. In diesem Sinne werden wir die „Mitte“ auch weiterhin im Blick behalten, um aktuelle Anforderungen, wie vor allem Klimaanpassung, Schwammstadtkonzepte, Mobilitätswende, „kurze Wege“ in der „15-Minuten-Stadt“, aktiv zu begleiten und mitzugestalten. Erhalt und Entwicklung der Multifunktionalität der Städte und Gemeinden, das Entstehen nachhaltiger Stadtentwicklungskonzepte und das Setzen neuer Impulse für mehr Erlebnisqualität in den Städten und Ortskernen gehören zu den besonderen stadtplanerischen Themen unserer Zeit.

Die klimatischen Veränderungen sind eine zusätzliche Herausforderung: Innenstädte heizen sich im Sommer auf, städtisches Grün vertrocknet. Was können hier gerade auch private Eigentümer in den Städten tun?

Innovative Architekturlösungen in Kombination mit innerstädtischem Grün, ob Dach- und Fassadenbegrünungen oder urban gardening/urban farming können zielführende Lösungsansätze sein. Dabei sind dem grünen Ideenreichtum keine Grenzen gesetzt. Städte und Kommunen müssen dahingehend umdenken. Das Grün in der Stadt wird zum Standortfaktor. Vor allem lebenswerte Städte stehen im Fokus der Entscheidungen, wo und wie wir leben wollen. Die Wirkung gestalteter Umwelt und deren Einfluss auf die menschliche Lebensqualität werden eine zentrale und bedeutende Stellung einnehmen. Die Haus- und Grundstücksbesitzer sind ein wichtiger Teil der Stadtgemeinschaft und sollten sich daher aktiv in den „grün-blauen Stadtumbau“ einbringen. Sterile Schottergärten und lebensfremde „Steinwüsten“ sollten der Vergangenheit angehören.

Ab in die Mitte! feierte in Sachsen im vergangenen Jahr das 20-jährige Jubiläum. Was geben Sie dem Wettbewerb für die nächsten Jahre mit auf den Weg?

„Ab in die Mitte!“ ist zweifelsfrei eine Erfolgsgeschichte. Dabei stehen zivilgesellschaftliches Engagement und kreative Lösungen besonders im Fokus. Der offene Projektansatz bietet zudem ein hohes Maß an Mitwirkungs- und Gestaltungsfreiheit sowie Partizipation für die gesamte Stadtgesellschaft. Die Förderung und Gestaltung einer grünen, gerechten, gesundheitsfördernden und nachhaltigen (Innen-)Stadt wird aus unserer Sicht die Richtung bestimmen, die wir gemeinsam gehen sollten.

Bei der zukünftigen Ausrichtung des Wettbewerbs setzen wir uns besonders dafür ein, dass Kinder und Jugendliche ihr Lebensumfeld und die Innenstadträume mitgestalten können. Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz müssen zudem verstärkt in den Fokus genommen werden, um dadurch Attraktivität, Aufenthaltsqualität und Resilienz spürbar zu verbessern. Wir schlagen zwei neue, attraktive und gut dotierte Sonderpreise vor: einen Jugendpreis sowie einen Nachhaltigkeitspreis.

Ausgabe für Sachsen – Verlag „Haus & Grund Sachsen, Landesverband Sächsischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. 04/2023

SACHSEN | Aus der Region (Seite 12 und 13)